Frauen-Kultur-Archiv

Gedanken und Einfälle kreativer Frauen

Fanny Lewald

Romanautorin, Essayistin (1881 – 1889)

 

„Auf die ganz bestimmt getane Frage: ‚sind wir wohl Juden?’ – versetzte mein Vater: Du bist unser Kind, und weiter geht Dich nichts an! […] Daß wir Juden wären und daß es schlimm sei, ein Jude zu sein, darüber war ich […] noch ehe ich in die Schule gebracht wurde, vollkommen im Klaren. So hübsch wir […] auch angezogen waren, […] so erlebten wir es doch manchmal, daß ganz zerlumpte, schmutzige Kinder uns im Tone eines Schimpfes: ‚Jud’! nachriefen, und die Kinderfrau sagte dann immer, daran sei nur ich mit meinem schwarzen Haare schuld.“ (1)

 

„Es liegt im Grunde in jedem denkenden Menschen eben so ein Verlangen nach Universalität, wie nach der Möglichkeit Zeugniß von seinem Dasein zurückzulassen, nur daß bei der Verschiedenheit unserer Anlagen, das Mehr u[nd] weniger jener Verlangnisse aber auch die ganze Wesenheit dieser Leistungen bestimmt.“ (2)

 

„Ich war einmal nicht wie alle Welt. Es lebte in mir ein großer, starker Glaube an eine hohe Liebe und an eine idealische Ehe, die mir ein Heiliges war, es lebte in mir das Gefühl von der wahren Menschenwürde, die man erniedrigt, wenn man den Menschen zwingen will, gegen sein eigenstes Wesen zu handeln; und all der Jammer, all die Kränkung, all die zornige Empörung, welche aus tausend Frauenherzen den Aufschrei nach Emanzipation hervorgebracht haben, ich habe sie von jener Stunde an nicht zu empfinden aufgehört […].“ (3)

 

„Ja freilich ist der Frauen Schicksal beklagenswerth – nur nicht das Ihre, meine Damen! Sondern das Schicksal der hunderttausende von Frauen der Armen, der Dienenden, der Arbeitenden. Das Schicksal derer, über welche Sie klagen und sich beschweren.“ (4)

 

„Wer wirklich ein Befreier des weiblichen Geschlechts werden will, der muß daher vor allem dazu tun, es von seiner unheilbaren Sonderstellung zu erlösen.“ (5)

 

Quellen

(1) Fanny Lewald: „Meine Lebensgeschichte“, hrsg. v. Gisela Brinker-Gabler. Berlin 1980, S. 44.
(2) Brief an Johann Jacoby vom 14. September 1865 (zitierter Abschnitt vom 18. September) in: Schneider, Gabriele (Hrsg.): „Freundschaftsbriefe an einen Gefangenen“. Frankfurt a.M. 1996, S.29.
(3) Fanny Lewald, „Meine Lebensgeschichte“, hrsg. v. Gisela Brinker-Gabler. Berlin  1980, S. 169.
(4) Fanny Lewald: „Osterbriefe“. Berlin 1863, 2. Brief, S. 13-24, S. 20.
(5) Politische Schriften für und wider die Frauen, hrsg. von Ulrike Helmer. Frankfurt a.M.  1989, S. 145.