Frauen-Kultur-Archiv

Gedenken an engagierte Frauen Düsseldorfs

Eherecht und Steuerklasse V passen wie die Faust aufs Auge!

Die dhg fordert, daß eine gleichberechtigte Verfügungsbefugnis über das während der Ehe erworbene Einkommen Gesetz werden muß. Nachfolgende Ausführung begründet unter anderem diese Forderung.

Steuerklasse III/V

Das Existenzminimum, steuerlich Grundfreibetrag genannt, ist ab 1996 auf DM 12 095,- festgesetzt worden. Dafür wurde der Eingangssteuersatz auf 25,9% erhöht. Bedingt durch die Kinderziehung nehmen viele Frauen eine Teilzeittätigkeit auf und wählen die Steuerklasse V, damit ihr Ehemann die Steuerklasse III behalten kann. Diese Steuerklassenkombination III/V führt zu einem geringeren monatlichen Lohsteuerabzug für beide Ehepartner – gemeinsam gesehen. In der Steuerklasse V gibt es kein Existenzminimum. Das Existenzminimum der Frau hat der Mann innerhalb der Steuerklasse III. Für die Frau greift also sofort ohne Grundfreibetrag der Eingangssteuersatz von 25,9%. (Im vorigen Jahr noch 19%.) Die Frau trägt den monatlichen Steuerausgleich und hat damit ein wesentlich niedrigeres Nettoeinkommen. Somit schafft sie sich mit der Wahl der Steuerklasse V ein niedrigeres Erwerbsnettoeinkommen und verhilft dem Mann zu einem höheren Erwerbsnettoeinkommen. Laut Eherecht gehört den Ehepartnern das eigene Erwerbsgehalt jeweils alleine (siehe auch RS 1/96). Spöttisch gesagt, sorgt die Frau durch die Wahl der Steuerklasse V selbst dafür, daß sie einen höheren Anspruch auf Taschengeld vom Ehemann (laut Rechtsprechung 5% bis 10%) erhält, anstatt eines höheren eigenständigen Einkommens.

Steuerklasse IV

Die Wahl der Steuerklasse IV wäre die logische Folge, um dem gesetzlichen Güterstand der sogenannten Zugewinngemeinschaft im Eherecht zu entsprechen. In Wahrheit handelt es sich bei der Zugewinngemeinschaft um eine Gütertrennung während der Ehe. Sind die Verdienste aber sehr unterschiedlich hoch, dann könnten die erhöhten Steuerzahlungen als "Sparstrumpf" angesehen werden. Über die Einkommensteuerveranlagung oder den Lohnsteuerjahresausgleich werden die überhöhten Zahlungen vom Finanzamt zurückerstattet. Der einzige Haken hierbei ist, daß die Rückzahlung zinslos erfolgt. Eine Änderung muß hier angestrebt werden.

Wer sich für die Steuerklasse IV entscheidet, muß beide Steuerkarten dem Einwohnermeldeamt vorlegen. Die Einwilligung des Ehepartners ist Voraussetzung, sonst geht das nicht. Die Wahl der getrennten Veranlagung (Steuerklasse I) geht ohne Einwilligung des Ehepartner, aber ab dann hängt sicher der Haussegen schief.

Wie es die Bundesregierung sieht

Im Auftrag von Bundesministerin Nolte läßt Frau Dr. Thielenhaus der dhg laut Schreiben vom 14.12.1995 mitteilen:

"… Die klassische ‚Hausfrauenehe‘ scheint nicht länger den Lebensvorstellungen der meisten Paare zu entsprechen. Dem trägt auch das Bürgerliche Gesetzbuch Rechnung, indem es beiden Ehegatten (gnädigerweise seit 1977!, Anmerk. der Autorin) das Recht zuspricht, erwerbstätig zu sein (§ 1356 Abs 2 BGB). … Von den verheirateten Frauen sind knapp 60% voll- oder teilzeiterwerbstätig. … Wie bereits in einem Schreiben an Ihren Bundesverband vom 28.07.1995 dargelegt, sieht die Bundesregierung keine Notwendigkeit zur Änderung des gesetzlichen Güterstandes."

Frau Dr. Thielenhaus sagt uns nicht, wie viele von den 60% Frauen teilzeiterwerbstätig sind. Bedingt durch die Kindererziehung ist das sicher ein großer Teil der Frauen, die dann auch Steuerklasse V wählen. Sie sitzen damit in der Zwickmühle zwischen Eherecht und Steuerrecht.

In: Rundschau der Deutschen Hausfrauengewerkschaft e.V., Ausgabe 3/1996, Juli-September