Frauen-Kultur-Archiv

Gedenken an engagierte Frauen Düsseldorfs

Wir stellen zur Diskussion: „Düsseldorfer Tarifpapier“

Jede Arbeit, die im Haushalt mit Kindern anfällt, muß bezahlt werden, wenn sie an zuständige Dienstleistungsbetriebe in Auftrag gegeben wird. Übernimmt dieselbe Arbeit die Hausfrau oder der Hausmann, dann wird sie zu einer unbezahlten Arbeit.

Private Gegebenheiten, wie der Gang zum Standesamt mit vollzogener Hochzeitsnacht, sind Leistungen im Sinne des Steuerrechts und führen zum Ehegattensplitting.

Private Gegebenheiten, wie die Anzahl der Kinder, sind Leistungen im Sinne des Steuerrechts und führen unter anderem zu Kinderfreibeträgen, die wiederum über die Höhe des Erwerbseinkommens in ihrer Höhe unterschiedlich ausfallen.

So gibt es eine Reihe von steuerlichen Leistungen des Staates, die lediglich aufgrund privater Gegebenheiten erbracht werden, aber nichts mit der Erwerbsarbeit zu tun haben. Der Nettolohn der Erwerbstätigen wird hiermit erhöht: zum Beispiel:

  1. Ehegattensplitting
  2. Kinderfreibeträge
  3. Kinderbetreuungskosten
  4. Kinderanteile im Ortszuschlag bei Beschäftigten im Öffentlichen Dienst.

Es gibt eine Reihe von sozialen Leistungen des Staates für Familien oder Alleinstehende mit Kindern, wie zum Beispiel:

  1. Erziehungsgeld
  2. Kindergeld
  3. Wohngeld und Sozialhilfe (hauptsächlich Frauen erhalten sie)
  4. Familienstandsdarlehen in einigen Bundesländern
  5. Stiftung Mutter und Kind
  6. Mutterschaftsgeld nach dem Lohnfortzahlungsgesetz.

Zur Zeit gibt es in der Bundesrepublik Deutschland cirka neun Millionen Hausfrauen ohne eigenes Erwerbseinkommen, die unbezahlte Arbeit leisten, wo die steuerlichen und sozialen Hilfen aber gewährt werden. Aus diesen Hilfen leitet sich für die neun Millionen Hausfrauen keine eigenständige soziale Sicherung im Alter ab, es kommt zu der „verschämten Altersarmut“, wie es heute formuliert wird.

Die Aufhebung der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung mit Hilfe eines Sechsstundentages für alle, wäre die ideale Lösung. Hierbei wären Mann und Frau gleichermaßen verantwortlich für Erwerbsarbeit und häusliche Pflege- und Erziehungsarbeit.

Als Voraussetzung zu dieser Ideallösung fordern wir statt der steuerlichen und sozialen Hilfen vom Staat einen Tarif: – den Lohn für häusliche Pflege- und Erziehungsarbeit. –

Dieser Lohn kann vorschlagsweise bei einem zu versorgenden Kind DM 2.100,- brutto monatlich betragen und erhöht sich bei jedem weiteren zu versorgenden Kind um DM 500,- brutto monatlich.

Nach Angaben des Katholikenrates im Bistum Trier betrug der durchschnittliche Aufwand für Familienleistungen im Jahr 1986 je Kind rund DM 2.100,- monatlich. Nach diesen Zahlen könnte der Lohn für häusliche Pflege- und Erziehungsarbeit noch höher angesetzt werden.

Hier bedarf es einer klaren Organisation! Zum Beispiel brauchen wir dann nur noch eine Steuerklasse für alle Erwerbstätigen. Die steuerlichen und sozialen Hilfen vom Staat für die Familie fließen dann in den Lohn für häusliche Pflege- und Erziehungsarbeit.

Mit diesem Tarif-Modell ist die optimale Wahlfreiheit gegeben: Beruf, Kindererziehung oder Arbeitsteilung (Halbe, halbe). Durch diese Umstrukturierung werden Arbeitsplätze für Männer und Frauen im Haushalt möglich, falls die Eltern der Kinder sich für weitere Erwerbstätigkeit entscheiden.

Mit diesem Tarif-Modell ist auch die eigenständige soziale Sicherung von männlichen und weiblichen Personen gesichert, die sich für Kindererziehung und Kinderbetreuung entscheiden. Gewährleistet sind dann: eigenständige Versicherung für das Altersruhegeld sowie für die Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente, eigenständige Krankenversicherung.

Gewährleistet ist dann die gesetzliche Unfallversicherung (möglicherweise der Gemeindeunfallversicherung einzugliedern). Häusliche Pflege- und Erziehungsarbeit begründet dann auch Ansprüche auf vermögenswirksame Leistungen, Urlaubsgeld, Weihnachtsgratifikation sowie Förderung, Fortbildung und Umschulung durch das Arbeitsamt. Tarifpartner ist der Bund.

Heidede Morgenbrod für die Düsseldorfer Arbeitsgruppe „Lohn für häusliche Pflege- und Erziehungsarbeit“ der dhg. In: dhg-Rundschau der Deutsche Hausfrauengewerkschaft e. V., H. 1, 1988, S. 5