1897 kam die 1868 in Mönchen-Gladbach geborene Berta Kehren nach Düsseldorf, wo unter anderem das Maler-Ehepaar Magda und Christian Kröner zu ihrem Bekanntenkreis gehörte.1901 erschienen ihre „Novellen und Bilder“ unter dem Titel „Rheinische Kinder“. Die Autorin bemühte sich in ihren Texten darum, die Rheinische Mentalität in ihren Figuren Gestalt werden zu lassen. Dazu verwendete sie unter anderem Biographisches aus ihrer eigenen Familie. Ihr erster Roman spielte, wie auch einige ihrer Erzählungen, im Künstlermilieu. Ihre regional verankerten Erzählungen fanden im Rheinland großen Anklang und erschienen häufig in Zeitschriften ihrer Heimat und in Anthologien, beispielsweise in Heinrich Sarnetzkis „Rheinischem Dichterbuch“.
1904 heiratete sie den Generalarzt Dr. Wilhelm Classen und zog mit ihm zunächst nach Krefeld, später nach Straßburg.1914 wurde das Ehepaar wieder in Düsseldorf ansässig, wo ihr Mann die Stelle als Direktor der Städtischen Krankenanstalten erhalten hatte. Bis 1928 wohnten sie auf der Schäferstr.43.
© Frauen-Kultur-Archiv. Quelle: Dem Vergessen entgegen. Frauen in der Geistesgeschichte Düsseldorfs. Lebensbilder und Chroniken. Dokumentation einer Ausstellung des Frauen-Kultur-Archivs. Neuss 1989, S. 156-158.
Vorwort zu „Rheinische Kinder II. Alte und neue Geschichten für Jung und Alt“. (Düsseldorf o.J. <1929>)
Meiner rheinischen Heimat gewidmet
Wenn ich in dem vorliegenden Bändchen wieder einen Teil meiner Erzählungen unter dem Titel „Rheinische Kinder“ zusammenfasse, nachdem der erste Band eine über Erwarten freundliche Aufnahme gefunden hat, so gebe ich damit meiner rheinischen Heimat zurück, was ich von ihr empfangen habe. Denn ich habe die Geschichten nicht erfunden: Das Leben hat sie mir zugetragen, und ich habe sie nur in meiner Art gestaltet. An manchen Kindern, von denen ich in diesen Blättern erzähle, habe ich selbst meine innige Freude gehabt. In unvergänglicher Frische steht ihr Bild vor meinem geistigen Auge: Alfred der Prachtjunge, das drollige Karlchen, dem der Vater den Kuchen wegfraß, der zielbewußte Hans Jochen, der mit dem Jagdfernglas und der Rehlocke in der Schürzentasche in den Wald zog, um das Rickelche zu suchen. Manchmal ist mir auch der Stoff zu einer Erzählung von dem geschenkt worden, der sie als Kindheitserinnerung in seinem Innern bewahrt hatte.
Die Geschichte „Um zwei Pfennige“ erzählte mir ein bekannter Düsseldorfer Maler und sie wiederum gewann mir das „goldene Herz“ des vortrefflichen Mannes, dessen Jugenderlebnisse ich in der letzten Erzählung des Bandes „Der Huhbeiner“ geschildert habe. „Die Ladenhüter“, das herzige Prinzeßchen und das fussige Jüppchen, fand ich selbst so reizend, daß ich nicht umhin konnte, auch andere Kinderfreunde mit ihnen bekannt zu machen.
Haben nun die rheinischen Kinder ihre besondere Eigenart? – Ich möchte diese Frage bejahen. Sie haben durchweg eine allerliebste Art von Zutraulichkeit und Schlagfertigkeit; sie sind mitteilsam, wißbegierig, regsam und guten Muts. Ihr heller Verstand wird auf das Glücklichste ergänzt durch ein warmes, sonniges Gemüt. Wenn es in dem Kölner Karnevalsliede heißt: „Die kölsche Mädcher, die kölsche Junge, – die sind dem Herjott jut jelunge“, so dürfte diese Behauptung wohl durchweg auf unsern ganzen lieben rheinischen Nachwuchs passen.
Möge der Herrgott die rheinischen Kinder auch weiter unter seinen Schutz nehmen, damit sie am herrlichsten der deutschen Ströme, befreit von den Fesseln der Fremdherrschaft, heranwachsen zu treuen und tüchtigen deutschen Männern und Frauen.