Zu Lebzeiten wurde sie als eine meisterhafte Porträtistin wertgeschätzt, deren Liebe zum Subjekt nicht nur der naturalistischen Darstellung prominenter Persönlichkeiten galt, sondern sich mit gleicher Hingabe auch der Charakterisierung des „kleinen Mannes“ – einfacher Arbeiter und Handwerker – widmete.
Am 29. August 1877 wurde sie als Tochter des Hauptmanns Oscar Lehr in Celle bei Hannover geboren. Mit 11 Jahren verlor sie ihr Gehör durch eine Diphtherie- und Scharlacherkrankung, wodurch eine angestrebte musikalische Karriere vereitelt wurde. Ihr Vater ermöglichte ihr stattdessen ein Kunststudium. In Kassel lernte sie zunächst bei Carl Wünneberg und Ignaz Hellner, im Jahre 1900 wechselte sie schließlich an die Kunstakademie München. Hier entstanden bereits wichtige Arbeiten: Porträtstudien, Stilleben und Landschaftsgemälde. Einen Heiratsantrag ihres Malerkollegen Reinhold Grundlach schlug sie schweren Herzens aus, da die Eltern ihr aufgrund einer gesundheitlichen Schwäche prinzipiell von einer Ehe abrieten.
1920 zog Karla zu ihrem Bruder und späteren Oberbürgermeister Robert Lehr nach Düsseldorf und bewohnte mit ihm das Haus auf der Lindemannstraße 20. Später nahm sie Quartier in Grafenberg, wo sie sich ein eigenes Atelier einrichtete. Sie wurde Mitglied im Düsseldorfer Künstlerinnenverein und unterhielt inspirierende Freundschaften u.a. zur expressionistischen Künstlerin Gabriele Münster, aber auch zum Ehepaar Hella und Karl Röttger, das sie wiederholt porträtierte. Während des 2. Weltkriegs wurde München ihre neue Wahlheimat, wo sie 1958 bei einem Autounfall starb. In den 70er Jahren erwirbt das Düsseldorfer Heinrich-Heine-Institut den literarischen Nachlass der Künstlerin, die sich nicht nur dem Malen und Zeichnen, sondern auch dem Verfassen von Gedichten und Prosastücken verschrieben hatte.
© Frauen-Kultur-Archiv. Quelle: Dem Vergessen entgegen. Frauen in der Geistesgeschichte Düsseldorfs. Lebensbilder und Chroniken. Dokumentation einer Ausstellung des Frauen-Kultur-Archivs. Neuss 1989, S. 47-49.