Frauen-Kultur-Archiv

Düsseldorfer Malerinnen 1800-1945

Ernestine Friedrichsen (1824-1892)

Am 29. Juni 1824 wurde Ernestine Friedrichsen in Danzig geboren. Die Landschaft ihrer westpreußischen Heimat beeinflusste sie nachhaltig.1 In den 50er Jahren zog sie zum privaten Kunststudium nach Düsseldorf, wo sie zunächst im Fach Porträt Schülerin von Marie Wiegmann wurde. Es folgte der Unterricht bei Wilhelm Sohn und der Wechsel zum Genremaler Rudolf Jordan, dessen Darstellungen des einfachen Volkslebens sie besonders anzogen. In der Technikwahl schloss sie sich ihm eng an, verfolgte aber mit den Szenen zu den schwierigen sozialen Verhältnissen von Masuren, Polen und Juden eine ganz eigenständige Ausrichtung der ethnografischen Genremalerei. Sie unternahm Studienreisen nach Masuren, Holland, Belgien, England und Italien.

In der Dresdener Akademischen Kunstausstellung trat sie 1861 mit dem Ölgemälde „Hüttendorf wandernder polnischer Flößer an der Weichsel“ an die Öffentlichkeit. In den Ausstellungen des Kunstvereins für die Rheinlande und Westphalen war sie seit 1862 regelmäßig vertreten; in diesem Jahr mit dem Bild „Das Försterhaus“, einem noch traditionellen Genrebild und 1863 mit der für sie spezifischen sozialethnografischen Darstellung „Polnische Flößer am Ufer der Weichsel“.

Ihr Atelier hatte sie am Wehrhahn 9, im Jordanschen Haus. Eines ihrer gelungensten Porträts stellt Rudolf Jordan als ganze Figur dar, es entstand 1869. Die Gemälde „Eine polnische Landbriefträgerin“ und „Vereinsamt“ gelangten in diesem Jahr durch den Kunstverein für die Rheinlande und Westphalen in Düsseldorf zur Ausstellung. Die „Kunstchronik“ hob hervor, dass „darin ein charakteristischer Nationaltypus mit viel Talent wiedergegeben erscheint.“ (4. Juni 1869, S.155)

Das in Düsseldorf im Kunstsalon Eduard Schulte 1869 gezeigte Gemälde „Szene aus dem Nomadenleben der Polnischen Flößer“ war auch ein Jahr später in der Dresdener Akademischen Kunstausstellung vertreten. In dem sehr produktiven Jahr 1872 entstanden u. a. „Die Judengasse in Amsterdam“ und „Polnische Bettelkinder“ (1873 in Düsseldorf ausgestellt). Mit dem Gemälde „Polnische Insurgenten in einen Keller geflüchtet“, das 1872 in Schultes Kunstsalon ausgestellt wurde, zeigte sie ihr deutlich erweitertes Themenspektrum mit der Darstellung von Verfolgung und Widerstand.2 Im gleichen Jahr wurden die „Polnischen Insurgenten“ in der Berliner Akademischen Kunstausstellung gezeigt; ein Jahr später in Wien, wo die Malerin mit der Kunstmedaille ausgezeichnet wurde. In Schultes permanenter Kunstausstellung war 1874 das Gemälde „Kirche in Masuren“ zu sehen.

In Bismeyer und Krauss’ Kunstsalon war sie 1875 in Düsseldorf neben dem Genrefach mit „Polnische Spinnerinnen“ auch im Porträtfach mit einem Frauen-Bildnis vertreten. Auf der IV. Allgemeinen Deutschen Kunstausstellung der Deutschen Kunstgenossenschaft zeigte Ernestine Friedrichsen 1880 zwei Genrebilder, „Jüdische Lumpensammler in Masuren“ und „Kinder in Rom zur Zeit des Carnevals“; letzteres war bereits zwei Jahre zuvor in Berlin zu sehen.

Ihre Gemälde waren so populär, dass sie als Radierungen oder Holzstich-Reproduktionen in Zeitungen und Zeitschriften abgebildet wurden, so die hier wiedergegebenen „Jüdischen Lumpensammler in Masuren“ in der „Illustrirten Zeitung“. Die gleiche Zeitung bildete u. a. zwei Jahre später die „Teppichflickerinnen in Amsterdam“ ab, die 1881 in Düsseldorf gezeigt wurden.

Von Kaiser Wilhelm I. wurde das Bild „Sommerlust“ 1884 erworben. Ihre Werke waren über die Grenzen Deutschlands hinaus zu begehrten Sammlerobjekten geworden. Weitere Ausstellungen in Dresden, Berlin, München, Hamburg und Düsseldorf folgten in den nächsten Jahren. Sie war Mitglied im Verein der Künstlerinnen und Kunstfreundinnen zu Berlin.

Am 21. Juli 1892 starb Ernestine Friedrichsen in Düsseldorf, wo sie fast 40 Jahre lang gelebt und gearbeitet hatte. Im Nachruf der „Düsseldorfer Volkszeitung“ wurde ihr Schaffen wie folgt gewürdigt: „Der Werth ihrer Bilder, namentlich der stimmungsvollen Bilder aus dem Leben der Masuren, polnischen Flößer u. a. besteht in der Feinheit der Empfindung, mit der die Künstlerin diese Vorwürfe aus dem Volksleben zu erfassen und wiederzugeben verstand, der Schlichtheit und Wahrheit des Ausdrucks und ihrer feinsinnigen malerischen Behandlung“ (23.07.1892).

© Ariane Neuhaus-Koch, Frauen-Kultur-Archiv

  1. Grundlage der Darstellung bildet der Artikel zur Malerin in: Neuhaus-Koch, Ariane, Werner, Marlo; Vahsen, Mechthilde u. a.: Dem Vergessen entgegen. Frauen in der Geistesgeschichte Düsseldorfs. Neuss: 1989, S. 35-36.
  2. Vgl. Saur: Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker. Bd. 45. München, Leipzig: 2005, S. 177.

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