Frauen-Kultur-Archiv

Frauengeschichte in Düsseldorfer Straßennamen

Marie-Juchacz-Straße

Verlauf: Eugen-Richter-Str. bis Sybelstr in Düsseltal-Mörsenbroich

Marie Juchacz, Politikerin, Gründerin der AWO, 1879-1956

Die 1879 in Landsberg/Warthe geborene Marie Gohlke arbeitete
nach einer Volksschulausbildung als Hausangestellte und
Fabrikarbeiterin. 1903 heiratete sie den Schneidermeister Juchacz,
in dessen Werkstatt sie als Näherin arbeitete. Im selben Jahr wurde
die Tochter Lotte geboren; die Ehe verlief jedoch nicht glücklich.
Nach der Geburt des Sohnes Paul 1905 dachte sie über die Trennung
von ihrem Mann nach.

1906 siedelte Marie Juchacz nach Berlin über, wo sie ihren
Lebensunterhalt durch Nähen bestritt. Hier besuchte sie
Parteiabende der SPD und begann, gemeinsam mit ihrer Schwester
Elisabeth, Frauen-Leseabende zu organisieren. 1907 trat sie in den
Verein der Frauen und Mädchen der arbeitenden Klasse von Schöneberg
ein. Im selben Jahr wurde sie zur neuen Vorsitzenden des
Ortsvereins gewählt. Ihr oblag die Mitteilung und Diskussion der
Beschlüsse der Partei, der Reichsfrauenkonferenzen und der
Gewerkschaftskongresse.

1908 wurde sie Mitglied der SPD. Nachdem sie 1909
stellvertretend für Luise Zietz auf einer Versammlung zum Thema
„Die Frau in der heutigen Gesellschaft“ gesprochen hatte,
entwickelte sich Marie Juchacz rasch zu einer gefragten
Versammlungsrednerin. Ab 1913 war sie in Köln Frauensekretärin für
den Parteibezirk ‚Obere Rheinprovinz‘. Sie bemühte sich dort
besonders um die Organisation der Textilarbeiterinnen im Aachener
Raum.

Im Jahr 1917 wurde sie zentrale Frauensekretärin in Berlin,
gleichzeitig wurde sie in den Parteivorstand gewählt. Sie erhielt
vom Parteivorstand die Redaktion der „Gleichheit“ übertragen. Als
erste Frau hielt Marie Juchacz in einem deutschen Parlament für die
Sozialdemokratische Partei eine programmatische Rede. Im gleichen
Jahr gründete sie die Arbeiterwohlfahrt, aus der sie eine
bedeutende fürsorgerische und sozialpädagogische Einrichtung
machte. Von 1922-1930 gehörte sie dem deutschen Reichstag für die
SPD an und engagierte sich vorwiegend für sozialpädagogische
Aufgaben.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten zog sie 1933
ins Saargebiet, wo sie einen Mittagstisch für Flüchtlinge ins Leben
rief, für die sie selbst kochte. Nach dem Anschluß des Saargebiets
an Deutschland ging sie 1935 ins Elsaß und anschließend nach
Südfrankreich. Im Frühjahr 1941 erreichte sie schließlich New York;
dort arbeitete sie mit deutschsprachigen Arbeiterorganisationen
zusammen.

1949 kehrte Marie Juchacz nach Deutschland zurück. Sie zog nach
Düsseldorf in die Nähe ihrer Tochter, wo sie bei der
Arbeiterwohlfahrt beratend und auch wieder in der
sozialdemokratischen Frauenbewegung tätig wurde. Im Oktober 1955
hielt sie, von Krankheit gezeichnet, in München eine letzte Rede
auf der Reichskonferenz der Arbeiterwohlfahrt. Am 28. Januar 1956
starb Marie Juchacz in Düsseldorf. Zwei Monate nach ihrem Tod
erschien ihr Buch über engagierte Frauen der Geschichte: „Sie
lebten für eine bessere Welt. Lebensbilder führender Frauen des 19.
und 20. Jahrhundert“.