Werk Professor Beckers war fast 30 Jahre verschwunden
„Ein Kruzifix von Professor Friedrich Becker in St. Andreas?“ So wunderte sich ein kunst- und kirchenerfahrener Düsseldorfer. „Sie erkennen das?“ So wunderte sich wiederum ein weißgekleideter Dominikanermönch, als er auf das Werk angesprochen wurde.
Von einem Wunder soll nicht die Rede sein, wohl von einem Glück, das allerdings der 1997 kurz vor dem 75. Geburtstag gestorbene Künstler nichts mehr erfahren hat. Becker hatte die Oberbürgermeisterkette geschaffen, die Garather Sonnenräder, den heiteren Radschläger, dessen Denkmal die Rheinische Post der Stadt schenkte und am Osteingang der Schadow Arkaden aufstellen ließ.
Bis zu seinem Lebensende hat er nach dem Kruzifix gesucht, das er 1960 für das Dominikanerkloster an der Herzogstraße entworfen und geschaffen hatte: Einen zwei Meter hohen Corpus aus Silberblech, befestigt auf einem Kreuz mit roter Emailleglasur von Professor Lily Schultz.
Wo war’s nur? Wo?
Sicher war nur, es musste irgendwo sein. Aber wo? Witwe Hildegard Becker setzte die Suche fort, auch in Walberberg, Stammsitz der Dominikaner. Und sie wurde schließlich fündig, in einer versteckten Ecke entdeckte sie das Kruzifix, schwarz angelaufen, rundum restaurierungsbedürftig.
Jetzt kehrte es zurück nach Düsseldorf, so still, wie es vor über 25 Jahren die Stadt verlassen hatte. Monika und Hans Petrovic, Goldschmiede beide und vor 40 Jahren Studenten Friedrich Beckers, nahmen im Atelier im Hof des Schumann-Wohnhauses an der Bilker Straße den Corpus vom Kreuz und zerlegten ihn in seine Einzelteile. Dann begann für jedes Teil ein wiederholtes Tauchbad in mit Wasser verdünnter Schwefelsäure. Hans Petrovic erinnerte sich an den alten Handwerkerspruch: „Erst das Wasser, dann die Säure, sonst passiert das Ungeheure.“ Die Badewannen für die kleineren Teile und das große Mittelstück bastelte er selbst, klopfte mit vorsichtigen Schlägen die Beulen heraus, restaurierte ebenso vorsichtig die rote Emaille, denn jedes bisschen Feuer zuviel macht aus Rot Schwarz.
Ein Symbol des Heils
Nicht ohne Rührung arbeiteten Monika und Hans Petrovic am Werk ihres Lehrers, das nun einen Ehrenplatz in der Stadtkirche der Dominikaner, in St. Andreas bekommen hat. Und das Symbol des Heils, das Friedrich Becker dieser christlichen Leichendarstellung mitgegeben hat, ist so zu unbeabsichtigter Bedeutung gelangt: Die Blutstropfen der Nagelung in den Handflächen und auf den Füßen sind nicht rot wie Blut, sondern grün wie die Hoffnung.
Gerda Kaltwasser
In: Rheinische Post. Düsseldorfer Stadtpost, 16. August 2000