Frauen-Kultur-Archiv

Rheinischer Kulturjournalismus

Der Maler der „Zeitgenossen“

Arthur Kaufmann zum 70. Geburtstag (1958)

Wer Arthur Kaufmann zu seinem 70. Geburtstag am 7. Juli gratulieren möchte – und das werden nicht wenige sein – braucht seine Glückwünsche nicht der Luftpost anzuvertrauen. Denn, obwohl Kaufmann seit Jahren Bürger der USA ist, kam er, nun schon zum dritten Male nach 1945, wieder nach Deutschland, um diesen Tag mit den alten Freunden zu feiern. Das Geburtstagsgeschenk seiner Geburtsstadt Mülheim an der Ruhr ist eine Ausstellung im dortigen Museum, die dessen Leiter Werner Möhring zusammengestellt hat.

Arthur Kaufmann fühlt sich seiner Vaterstadt Mülheim, wo sein Vater Kaufmann, sein Großvater Musikdirektor war, herzlich verbunden, und die Mülheimer weisen gern darauf hin, wieviele heute hochgeachtete künstlerische Kräfte aus dem um die Jahrhundertwende noch recht kleinen Städtchen an der Ruhr hervorgegangen sind (außer Kaufmann noch die Maler Werner Gilles, Otto Pankok, H. B. Hundt, der Bildhauer Peretti, die heute alle zwischen 60 und 70 sind). Zur geistigen Heimat Kaufmanns aber wurde Düsseldorf, an dessen Kunstakademie er bereits mit 17 Jahren aufgenommen wurde. Der akademische Betrieb behagte ihm jedoch wenig, bald ließ er die Zeichensäle hinter sich und zog erst einmal hinaus in die Welt. Er lebte in England, wo er sich als »Schnellmaler« und Karikaturist seinen Unterhalt verdiente, später in Frankreich und Italien, er nahm teil am ersten Weltkrieg und ließ sich 1919 endgültig in Düsseldorf nieder.

Für Düsseldorf brach damals eine lebendige, zukunftsfrohe Zeit an, willkommen war jeder, der Jugend und Frische an die Stelle des routinierten Malbetriebs setzte und laut oder leise Revolution machte. Kaufmann war von Anfang an dabei, und als sich die fortschrittlichen Kräfte im „Jungen Rheinland“ zusammenschlossen, wählten sie ihn zu ihrem Vorsitzenden. Er ging aus und ein bei Mutter Ey und hat die Gefährten jener Jahre in seinem großen, dem Düsseldorfer Museum gehörenden Gemälde „Zeitgenossen“ festgehalten – ein Bild, das heute bereits dokumentarischen Wert hat. Seine organisatorische Begabung bewies er aufs neue, als er 1922 die große Kunstausstellung im Hause von Tietz mitinszenierte, die zum ersten Male moderne europäische Kunst nach Düsseldorf brachte. Er war auch im Schreiben wohlerfahren und Verfasser einer geistreichen satirischen Komödie „Knock out durch Tizian“, an deren erfolgreiche Aufführung im ‚Kleinen Haus‘ sich die alten Freunde wohl erinnern. 1933 mußte er Deutschland verlassen. Er ging erst nach Holland, 1936 nach New York. Ausstellungen seiner Werke fanden in vielen nord- und südamerikanischen Städten statt.

Ohne daß Arthur Kaufmann sich je »spezialisiert« hätte, war doch das Porträt stets eine eigenste Domäne. Dem Bilde der Düsseldorfer „Zeitgenossen“ sind noch zahlreiche Porträts seiner Weggefährten gefolgt. Während seiner ersten amerikanischen Jahre malte er insbesondere die Bildnisse vieler deutscher Emigranten, Schönberg, Einstein, Toller, Thomas Mann, von denen die meisten in der Mülheimer Ausstellung zu sehen sind. Er malte 1955 während seines Aufenthaltes in Palästina den greisen Martin Buber, vor wenigen Wochen auf Ischia den Jugendfreund Werner Gilles, dessen schönes früheres Porträt das Dortmunder Museum über die Zeiten gerettet hat. Mit sicherem Blick fürs Psychologische und festzupackender Technik wird er dem jeweils Dargestellten gerecht. Neben den Porträts malte er viele der Orte, an die ihn seine wechselvolle Lebensreise geführt hat, Orte in Brasilien, Israel, Italien. Und dazwischen immer wieder Stillleben mit Blumen und Früchten, strahlend und leuchtend.

Trotz manchen schweren Erlebens blieb Arthur Kaufmann im Wesen daseinsbejahend und heiter, frei von Resignation und Bitterkeit. Er hat in seltenem Maße die Gabe der Freundschaft und die Tugend der Treue. Dafür wollen wir ihm danken.

In: Rheinische Post, 5. Juli 1958.