Frauen-Kultur-Archiv

Rheinischer Kulturjournalismus

Ein Düsseldorfer Gewissen

Stimmen, Würdigungen und Zitate zum Tod von Professor Anna Klapheck

Prof. Anna Klapheck ist tot, im Alter von fast 87 Jahren ist sie gestorben (s. Feuilleton). Die Leser der Rheinischen Post schätzen ihr Urteil über Bildende Kunst und die Art, wie sie es begründete. Goethe-Kenner fanden durch ihre Berichterstattung aus dem Goethe-Museum neuen Zugang zu ihrem Klassiker, Düsseldorfer Museumsdirektoren würdigen Anna Klapheck.

Prof. Werner Schmalenbach, Direktor der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen: „Anna Klapheck war eigentlich, seit ich in Düsseldorf bin, und das sind fast 25 Jahre, so etwas wie die Grande Dame der Kunstkritik weit und breit. Sie war eine von denen, die der deutschen Sprache mächtig waren, was heute nicht mehr für jeden gilt, sie war eine Frau, die von Kunst und Künstlern geliebt wurde. Sie schrieb nicht nur mit zwei Augen im Kopf und den richtigen Worten auf der Zunge, sondern mit hoher Verantwortung. Man wird schon bald spüren, daß sie fehlt.“

Jürgen Harten, Direktor der Kunsthalle der Landeshauptstadt: „‚Ich bin die letzte, die ihn noch gekannt hat’, sagte Anna Klapheck über Jankel Adler. Einer der wenigen bewegenden Nachrufe auf Joseph Beuys stammte aus ihrer Feder. Uns fehlt ihr Düsseldorf Gewissen. Gegenüber der Kunst hat sie Klarheit des Urteils mit menschlicher Güte verbunden und Maßstäbe gesetzt, großzügig, zurückhaltend, unprätentiös und immer hilfsbereit.“

Prof. Jörn Göres, Direktor des Goethe-Museums (Sammlung Kippenberg): „Anna Klapheck kannte die Sammlung Kippenberg noch aus ihrer Leipziger Zeit. Sie hat dort die Entstehung der Sammlung miterlebt. Sie kannte auch die in Düsseldorf lebenden Töchter Kippenberg. Auf diese Weise waren enge Berührungen gegeben. Sie war für die Rezensionen prädestiniert, sie war in der Sammlung zu Hause. Ich möchte das, was sie schrieb, mustergültig nennen. Wir haben eine Sammlung ihrer Berichte unter dem Titel ‚Viele Gäste wünsch’ ich mir’ veröffentlicht.“ Göres hat das Buch mit einem Vorwort versehen. Rückblickend sagt er: „Ich war immer glücklich, wenn ich bei unseren Veranstaltungen ihren weißen Schopf sah: dann wußte ich, da wird was draus. Ich habe manches von ihr gelernt.“

Anna Klapheck ist 1958 in Düsseldorf populär geworden mit ihrem im Droste-Verlag erschienenen Buch „Mutter Ey – eine Düsseldorfer Kunstlegende“, das inzwischen vier Auflagen erlebt hat. Sie hat „das Ey“ und den Kreis der Künstler um die Kaffeestube in der Altstadt gut gekannt. In dem Buch sind Bilder und Erinnerungstexte vereinigt, die die Gestalt der Johanna Ey lebendig werden lassen. Zum Beispiel hier: „Rund ist das Ey, rund wie Johanna Ey. Ihr Geburtstag am 4. März fiel in die Zeit der österlichen Eier. Mit Mutterschaft und neuem Leben hat ein jedes Ei zu tun, und so war ihr die „Mutter Ey“ auch schon vom Namen her vorherbestimmt. Und mütterlich, ein Ur-Ei, ein Geschöpf nahe der Natur und von ihren Kräften gespeist, das war Johanna Ey gewiß. Kinderbekommen und Kinderhaben spielt in ihrem Denken eine gewichtige Rolle, Frivolität und Obszönität in diesen Dingen sind ihr zuwider, so derben Scherz sie auch sonst verträgt . . . Ihre Mütterlichkeit wuchs mehr und mehr hinaus über das Familiäre, jeder, der zu ihr kam, bekam sie zu spüren. Die Künstler fühlten sich bei ihr geborgen. Ein Japaner, der zu Besuch war, schrieb ins Gästebuch: „Nun bin ich auch dein Sohn.“ Ganz gleich, was und wo Anna Klapheck schrieb, sie selbst trat zurück hinter dem Gegenstand, über den sie schrieb.

Gerda Kaltwasser In: Rheinische Post. Düsseldorfer Stadtpost, 27. Februar 1986.