Ausstellung zum 95. Geburtstag Trude Dinnendahl-Bennings
Kaiserswerth. Am 9. Februar wurde sie 95, aber wer die zierliche Person mit den lebhaften Augen und den Lachfältchen sieht, sagt: „95 ist doch kein Alter.“ Sie heißt Trude Dinnendahl-Benning und stammt aus Rheinhausen. Seit 1957 wohnt sie in Kaiserswerth, und es gibt weit und breit keine neu ausgestattete Kirche oder ein Kloster, wo nicht Dinnendahl-Bennings in Glas, Textilien oder Mosaik zu bewundern sind. Wer einen Gesamteindruck gewinnen will, hat dazu im Museum des Kaiserswerther Bürgervereins Gelegenheit.
Reden wir nicht davon, dass die Künstlerin allein stand mit vier kleinen Kindern. Auch nicht davon, dass sie selbst beide Eltern früh verlor. Dass sie trotz ihrer Fertigkeit im Zeichnen und Malen nicht Kunst studieren durfte, sondern Lehrerin wurde – Gewerbelehrerin.
Ein bisschen Glückskind war sie also auch, schon früh traf sie den genialen Franz Marc, der ihr Talent erkannte. Und als sie in Köln endlich eine künstlerische Berufsausbildung bei dem berühmten Johan Thorn-Prikker (von ihm stammen die Mosaiken im Ehrenhof) beginnen wollte, musste die berufserfahrene Trude erst noch einmal eine Aufnahmeprüfung am Institut bestehen. Hinauf zum angestrebten Lehr-Meister schaffte sie es dann mit einem Sprung.
Zupacken – das bestimmte ihr Leben. Als sie Wandbehänge für das Kloster Marienthal entwerfen durfte, gab sie eine Stelle als Leiterin einer Paramentenwerkstatt auf. Als sie sechs Meter hohe Wandbehänge nach eigenen Entwürfen ausführen musste, fuhr sie ein einem „Aufzug“ immer an der Wand hoch, zog Goldfäden, stickte mit Seide und Perlen. Sie schuf ein drei Meter hohes, mit Mosaiken versehenes Turmkreuz in Gold, farbige Kirchenfenster, stellte aus in Wien, Rom, Amsterdam, Basel. Sie war eine der bekanntesten deutschen Künstlerinnen in den 60ern und 70ern, fand neue Formen für kirchliche Kunst und war doch auch eine der Unbekanntesten. Denn bis heute hat religiöse Kunst in Deutschland keinen hohen Stellenwert.
Dinnendahl-Benning ist trotzdem ihren Weg gegangen. Als vor Jahren ein Sturz, dann eine Operation ihr die Schaffensfreude zu nehmen drohten, überraschte sie ihr Sohn Johannes mit Pastellstiften und Acrylfarben – seitdem malt sie kleine Formate. Aber wie gesagt: 95 ist kein Alter.
Gerda Kaltwasser
In: Rheinische Post. Stadteilnachrichten Düsseldorf-Nord, 12. März 2002