Kurt-Weill-Abend im Theatermuseum
Da es sich um Musik handelt, könnte man von einem Dreiklang singen, nämlich von dreimal Kurt Weill (1900–1950) in Düsseldorf: Im Großen Haus steht Weills Dreigroschenoper (Text Bert Brecht) auf dem Spielplan, über kleinere Bühnen kreuz und quer durch Düsseldorf tingeln Helga Mangold und Olaf Cless mit ihrem bejubelten Weill-Programm „Sprich leise, wenn du Liebe sagst“ und im Theatermuseum waren Torsten Enge (Vortrag in Wort und Lied) und Michael Collins (Klavier) mit dem Weill-Abend „Nur keine Noblesse…“ zu Gast. Davon soll hier die Rede sein.
Das Jahr 2000 war Weill-Jahr. Der Widerhall des 100. Geburtstags des deutschen Komponisten Kurt Weill war in den USA groß, dort gilt er seit der Emigration als „American composer“ (September Song); in Deutschland war er allenfalls mäßig. Vielleicht, weil wir die musikalisch so schlagkräftige Parole „Nur wer im Wohlstand lebt, lebt angenehm“ meinen, verwirklicht zu haben. Oder verzeihen wir dem jüdischen Emigranten nicht, dass er Amerikas Kriegseintritt unterstützte, dass er von einem Parisaufenthalt nicht zurückkehrte, weil ihn die Nazis enteignet hatten?
Kurt Weill und die Deutschen, das ist eine so schwierige Geschichte wie Kurt Weill und Bertolt Brecht, wie Kurt Weill und die zweimal angetraute Ehefrau Karoline Blamauer, bekannter als Seeräuberjenny oder als Lotte Lenya. Kurt Weill und die Politik aber ist ein noch weiteres Feld. Der Mann der Noten, der Schönberg- und Humperdinck-Schüler, der als Komponist Alban Berg ebenbürtig gewertet wurde, er drückte musikalisch mit zögerlichen Zwischentönen aus, was dem Schriftsteller Brecht so plakativ aus der Feder kam.
Torsten Enge hat seinen Weill studiert, nicht nur musikalisch als Sänger, sprechtechnisch als Rezitator, auch bei Erforschung des Lebens- und Schaffenslaufs. Die Beispiele waren klug gewählt, die Zwischentexte erinnerten sehr an die ermüdenden Erläuterungen zur E-Musik im WDR-3-Dampfradio. Highlights, im Zusammenhang mit dem deutschen american composer Kurt Weill darf man den Begriff mal gebrauchen, waren das Sabbatgebet, das Weill 1946 für seinen Vater, einen jüdischen Kantor komponiert hat, das Schickelgruberlied, das den Menschenschlächter Hitler so klein und gemein machte, wie er es verdient hat und der „Song of the Rhineland“, der unsere Nationalhymne werden müsste. Er wäre ein glanzvoller Schlusspunkt des Abends gewesen – auch rechtzeitig aufhören ist eine Kunst.
Gerda Kaltwasser
In: Rheinische Post. Düsseldorfer Feuilleton, 30. November 2001