Frauen-Kultur-Archiv

Rheinischer Kulturjournalismus

Zum 60. Geburtstag 1959

Eine welterfahrene Kunstpädagogin. Anna Klapheck zum Geburtstag am 12. Mai

Es sind nun auch schon über dreißig Jahre her, daß Anna Klapheck, die am 12. Mai in ein neues Jahrzehnt ihres Lebens tritt, zu Düsseldorf gehört. Als die junge blühende Frau Richard Klaphecks, des Geschichtsschreibers der „Baukunst am Niederrhein“, damals Erster Sekretär und amtierender Kunsthistoriker der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf, war sie 1927 ins Rheinland gekommen. Sie kam aus Leipzig, wo sie, in Erlangen als Tochter des berühmten Internisten Geheimrat Strümpell geboren, der Universitätslaufbahn ihres Vaters folgend in Breslau und Wien aufgewachsen, auch ihr kunsthistorisches Studium begonnen hatte. In Leipzig hatte Anna Klapheck nach ihrer Promotion in Marburg (mit einer Arbeit über die Ikonographie des Hieronymus im Gehäuse) damals schon die ersten praktischen Erfahrungen am Museum und im Kunsthandel hinter sich. In der rheinischen Akademiestadt an der Seite ihres lebensfrohen Mannes sollte sich ihr eine neue gesellige Welt auftun.

Düsseldorf hatte sich eben angeschickt, den Versuch zu unternehmen, seinen alten Ruf und seine Stellung als Kunst- und Ausstellungsstadt zu erneuern. Mit der „Gesolei“, der großen Ausstellung für Gesundheitspflege, Soziale Fürsorge und Leibesübungen, im neuerbauten Ehrenhof und im anschließenden Rheinpark, hatte die Kunststadt noch einmal ein das Schaffen aller Kunstgattungen zusammenfassendes Bekenntnis zur Gegenwart, oder was man damals dafür hielt, abgelegt. Wilhelm Kreis, der Erbauer des Wilhelm-Marx-Hauses, hatte die Architektur des Ehrenhofs geschaffen, dessen Anlage und Bauten die Mosaiken und Glasfenster von Thorn-Prikker und Nauen, die Plastiken von Sopher, Gottschalk, Schreiner und Breker schmückten, während sich im Rundbau des Planetariums die damals jungen Düsseldorfer Maler (Ophey, Erdle, Heuser, Jankel Adler, Hundt, Kaufmann, Cürten, Geßner u. a.) ein Stelldichein gaben. Das Schauspielhaus der Dumont-Lindemann trat zur selben Zeit in die letzte große Phase seines Wirkens ein. Selbst im „Malkasten“ schien mit der neuen Jugend ein neuer Geist eingekehrt.

Der frische Glanz wiedergewonnener Lebensfreude war um diese Jahre. In jüngster Zeit hat die immer ebenso weltoffene und weltkluge wie welterfahrene und weltgewandte Düsseldorfer Kunsthistorikerin mit ihrer viel beachteten Darstellung des Künstlerkreises um Mutter Ey an dies bewegte Kapitel neuerer rheinischer Kunstgeschichte wieder anknüpfen können und mit dem in der Reihe der Monographien zur bildenden Kunst unserer Zeit erschienenen Band über den Maler Bruno Goller, einem abseits des Kunstbetriebes verharrenden rheinischen Meister, die gebührende Reverenz erwiesen. Die Wirtschaftskrise und der Ausbruch der Naziherrschaft sollten das heitere Bild dieser unbeschwerten Welt damals schnell und für lange Zeit trüben. Richard Klapheck, seiner Natur nach ein konservativer Geist, mußte, wie so mancher andere, nach 1933 die Düsseldorfer Akademie verlassen und starb, viel zu früh, noch vor Kriegsausbruch. 1935 war Anna Klaphecks schönes Buch „Die Mosel“, das drei Auflagen erlebte, in der Reihe der Landschaftsbände des Deutschen Kunstverlages erschienen. Neue Zielsetzungen der Arbeit und des Lebens sollten sich nach dem Kriege, der Anna Klapheck zeitweilig nach Leipzig und ins Erzgebirge vertrieben hatte, ergeben.

Pädagogische Neigungen hatten schon früher in kunsthistorischen Kursen Ausdruck gefunden, jetzt stellte Anna Klapheck ihre reichen Gaben stärker in den Dienst publizistischer Aufgaben. Den Lesern der „Rheinischen Post“ ist sie in über einem Jahrzehnt als ebenso kenntnisreicher wie warmherziger, klug abwägender Mittler zwischen Kunst und Öffentlichkeit, zwischen Künstler und Publikum von zahllosen Beiträgen längst zum Begriff geworden. Die laufende, großem Interesse begegnende Aufsatzreihe über die Lehrer an der Kunstakademie, weist übrigens gleichzeitig auf ein wichtiges anderes Arbeitsfeld Anna Klaphecks hin, die, seit 1952 Dozentin an der Kunstakademie als Kunsthistorikerin, den Studierenden die geschichtlichen Voraussetzungen und Maßstäbe des künstlerischen Schaffens vor Augen führt. Auch ein neues Buch „Tore und Türen von Mataré“ ist in Vorbereitung. Aus dem ständigen unmittelbaren Kontakt mit der Mannigfaltigkeit des künstlerischen Lebens in der Nachkriegszeit und der Auseinandersetzung speziell mit den besonderen künstlerischen und pädagogischen Problemen des Nachwuchses hat Anna Klaphecks allem Zukunftsträchtigen aufgeschlossenes geistiges Mittlertum das klare Profil und die sympathische Frische der Anschauung gewonnen, die ihr reges Schaffen seit langem auszeichnen.

St. [i.e. M. A. Stommel] In: Rheinische Post, 9. Mai 1959.