WER WAR SIE?
Literarisches Rätsel Nr. 1
Die hier gesuchte Schriftstellerin entstammte einer wohlhabenden intellektuellen Familie und war verwandt und bekannt mit den Geistesgrößen des viktorianischen Zeitalters. Eine psychisch belastende Kindheit hatte zur Folge, dass sie ihr Leben lang immer wieder von seelischen Zusammenbrüchen erschüttert wurde.
Ihre schriftstellerische Karriere begann relativ spät, am Ende der 20er Jahre war sie jedoch eine berühmte Autorin und wurde zur Kultfigur der neuen Frauenbewegung. Der Unterschied zwischen Mann und Frau war das offen dargelegte oder verborgene Thema ihrer Vorträge und Bücher. In ihrem berühmten, biographisch geprägten Roman, der viel später verfilmt wurde, überwand sie diese Geschlechterdifferenz durch die Erschaffung eines multiplen Ich.
Ihr Werk, das aus Romanen, Kurzgeschichten, Essays und Rezensionen besteht, experimentiert mit neuen Darstellungstechniken und wendet sich dem modernen Leben in seiner wandelbaren Widersprüchlichkeit zu. Sie empfand die Wirklichkeit des Lebens stets als etwas „höchst Unstetes, höchst Unverlässliches“
Gemeinsam mit ihrem Mann gründete sie einen Verlag, der neben modernistischer Literatur wie die Kurzprosa der befreundeten Katherine Mansfield auch die Werke Freuds auf Englisch herausbrachte.
Schreiben war für sie lebensnotwendig. Als sie ihre Verzweiflung auch durch die Sprache nicht mehr bannen konnte, tötete sie sich im Alter von 59 Jahren.
Wie ist der Name dieser bedeutenden Schriftstellerin, Kritikerin und feministischen Denkerin der Moderne?
© Kerstin Glasow, Frauen-Kultur-Archiv
Die Lösungen befinden sich am Ende dieser Seite, nach Rätsel Nr. 6
WER WAR SIE?
Literarisches Rätsel Nr. 2
„Had I lived the life that the state planned for me from the beginning I would have lived and died in somebody else‘s kitchen, on somebody else‘s land, and never written a word.“
Als Chloe A. Wofford erblickt sie im Amerika der Depressionszeit das Licht der Welt. Weiblich, schwarz und als ein Arbeiterkind droht ihr das gleiche Schicksal wie vielen afroamerikanischen Frauen, die sich als Dienst- und Kindermädchen in weißen Haushalten verdingen.
Doch die Eltern lehren ihre vier Kinder, stolz auf Herkunft und Hautfarbe zu sein. Sie pflegen die alten Traditionen der Überlieferung von Geistergeschichten, Ghospels und Predigten, die später Chloes dichterische Arbeit nachhaltig beeinflussen werden, indem sie historische und übernatürliche Aspekte zu ihrem „magischen Realismus“‘ verwebt. Zwischen der Liebe zum Tanz und zur Literatur hin- und hergerissen, entscheidet sie sich schließlich für die akademische Laufbahn der Literaturwissenschaft, lehrt an verschiedenen Hochschulen, heiratet einen jamaikanischen Architekten und wird Mutter zweier Söhne. Doch die Beziehung engt sie ein und wird schließlich 1964 geschieden.
Während dieser schwierigen Lebensphase, sie ist bereits über dreißig, beginnt sie mit dem Schreiben – ein Akt der Befreiung. In diese Zeit fällt auch die Emanzipationsbewegung der schwarzen Amerikaner. Gewaltlose Protestmärsche und Demonstrationen, angeführt von Martin Luther King jr., bewegen das Land und lassen viele von einem gleichberechtigten Status träumen. Doch den friedfertigen Aktionen wird mit Hass und brutaler Gewalt entgegnet. Attentate auf Dr. King, Malcom X, Robert Kennedy sowie auf unzählige Bürgerrechtler und schwarze Gemeinden sabotieren jede Hoffnung.
Die Erfahrungen jener Tage fließen in ihr drittes Werk ein, nachdem ihr Debütroman, der 1969 erscheint, für einen Erstling außergewöhnlich gute Kritiken erhalten hat. Sie arbeitet nun in einem angesehenen Verlagshaus und veröffentlicht viele bekannte afroamerikanische Persönlichkeiten, darunter Muhammed Ali, Andrew Young und Angela Davis. 1987 erscheint schließlich ihr renommiertestes Werk, für das sie den Pulitzerpreis sowie eine weitere zentrale Auszeichnung erhält.
Über den – auch kommerziellen – Erfolg, ist sie selbst am meisten erstaunt. Das Buch, das mit Amerikas bekanntester Talkshow-Moderatorin verfilmt wird, basiert auf der historischen Figur der Margaret Garner, einer Sklavin, die 1851 mit ihren Kindern in den Norden flieht, schließlich aber von ihrem ‚Besitzer‘ aufgespürt wird und beschließt, lieber ihre Kinder zu töten, als sie noch einmal der Leibeigenschaft preiszugeben. Chloes Image als „Gewissen Amerikas“ wird gefestigt. Den hohen Anspruch, den weiße und schwarze Amerikaner mittlerweile an sie erheben, formuliert sie selbst einmal so:
„Tell us what it is to be a woman so that we may know what it is to be a man. What moves at the margin. What it is to have no home in this place. To be set adrift from the one you knew. What it is to live at the edge of towns that cannot bear your company.“
© Annette Nathanielsz, Frauen-Kultur-Archiv
WER WAR SIE?
Literarisches Rätsel Nr. 3
Sie war eine bekannte Persönlichkeit der wilhelminischen Ära. 1843 geboren, von adliger Herkunft, erhielt sie eine standesgemäße, strenge Erziehung. In ihrem Elternhaus und an europäischen Höfen hatte sie Kontakt mit namhaften Wissenschaftlern und Künstlern. So erhielt sie in St. Petersburg Klavierstunden bei Clara Schumann und Anton Rubinstein. Nach ihrer Hochzeit 1856 folgte sie ihrem Mann, einem Hohenzollernprinzen, in das von ihm regierte Donaufürstentum. Die vielseitig begabte Prinzessin begann nach dem Tod ihres einzigen Kindes in der Dichtkunst Trost und Ablenkung zu finden.
Mittlerweile zur Königin des südosteuropäischen Landes gekrönt, entfaltete sie dichterische und musische Tätigkeiten, begeisterte sich für die Schönheiten und die Kultur ihres Landes. So waren ihre ersten Veröffentlichungen Übersetzungen landestypischer Literatur ins Deutsche. Die ersten selbstständigen Werke waren Versnovellen, die unter dem Titel Stürme erschienen. In Zusammenarbeit mit ihrer Hofdame veröffentlichte sie unter dem Pseudonym „Dito und Idem“ Briefromane, eine Reihe von Novellen und Dramen. Die Dichterin sah sich als Vermittlerin zwischen den Völkern. Ihre 1882 erschienenen Aphorismen „Les pensées d‘une Reine“ trugen ihr den Preis der Academie Française ein.
Sie war eine unermüdliche und phantasievolle Dichterin und veröffentlichte rund 50 Werke der unterschiedlichsten Gattungen. Beeinflusst von den Romantikern war die schlichte Form des Volksliedes ihr ein Vorbild für die eigene „Butzenscheibenlyrik“. Nicht zuletzt aufgrund ihrer Position war die gesuchte Schriftstellerin unkritisch gegenüber sich selbst und ihrer künstlerischen Leistung. Das Interesse, welches die Öffentlichkeit dem Phänomen der „Dichterkönigin“ entgegenbrachte, verstand sie als Bestätigung ihrer künstlerischen Arbeit. Die hohen Auflagen ihrer Bücher, ihre Übersetzungen in verschiedene Sprachen und die zahlreichen Ehrungen resultierten aus einem zeitbedingten Interesse breiter Bevölkerungskreise an der exzentrischen Königin als schillernde Vertreterin des Hochadels.
Als Künstlerin konventionell war sie als Königin in ihrem sozialen Engagement beispielhaft, war erfolgreich als kulturpolitische Vermittlerin zwischen den Völkern und in ihrem Rollenverständnis als Frau ihrer Zeit in mancher Hinsicht voraus. 1916 starb die von ihrem Volk hochverehrte Königin. Heute ist sie in Vergessenheit geraten, anders als ihre Freundin Elisabeth von Österreich (Sissi), die sich die gesuchte Dichterin als künstlerisches Vorbild nahm.
© Karin Dreier, Frauen-Kultur-Archiv
WER WAR SIE?
Literarisches Rätsel Nr. 4
Die gesuchte Autorin entstammt einer multikulturellen Familie mit russisch-deutsch-dänischen Wurzeln und wird gegen Ende eines Jahrhunderts geboren, das einen nachhaltigen wissenschaftlichen, philosophischen und ästhetischen Paradigmenwechsel einläutet.
Sie ist eine der bekanntesten Vertreterinnen des deutschen Geisteslebens und beteiligt sich mit Romanen, Tagebuchaufzeichnungen, Erzählungen, Literaturkritiken und Essays zu Dichtung und Philosophie, sowie mit wissenschaftlichen Publikationen, an der intellektuellen Diskussion der grundlegenden Fragen ihrer Zeit. Dennoch ist die ebenso schöne wie außergewöhnlich kluge und streitbare junge Frau, eher aufgrund ihres eigenwilligen und unkonventionellen Lebensstils bekannt, der den sehr selbstbewussten Umgang mit berühmten Männern ihrer Zeit einschließt.
Bereits als Achtzehnjährige sucht sie sich einen Privatlehrer und beschäftigt sich mit Studien in Religionsgeschichte- und Phänomenologie, Metaphysik und Erkenntnislehre und sie liest Descartes, Rousseau, Leibniz, Fichte, Schopenhauer, Schiller, Kant und Kierkegaard. Schließlich geht sie nach Zürich, um dort Philosophie und Theologie zu studieren. Im Berliner Haus der politisch aktiven Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Malwida von Meysenburg lernt die gesuchte Autorin ihren späteren Lebensgefährten und dessen Freund kennen. Es entwickelt sich eine geistige Ménage à Trois, die dokumentiert ist durch ein berühmt-berüchtigtes Foto.
Einige Jahre später geht sie ein sehr spezielles Eheverhältnis mit einem älteren Mann ein, das wider Erwarten über vierzig Jahre hält. Die literaturbegeisterte junge Frau hält Kontakt zu einer Gruppe von Schriftstellern und freundet sich mit einigen ihrer Mitglieder an, so auch mit Gerhard Hauptmann, Richard Dehmel, Knut Hamsun, Erich Mühsam und Frank Wedekind. Im Alter von 36 Jahren verliebt sie sich in einen 15 Jahre jüngeren und damals noch unbekannten Lyriker, der der verheirateten Frau völlig verfällt. Es entwickelt sich erneut eine Dreiecksbeziehung, die sie, obwohl ihr Ehemann sie toleriert, abrupt beendet.
Ihr Debütroman, den die gesuchte Autorin im Alter von 24 Jahren unter einem männlichen Pseudonym veröffentlicht, hat einen biografischen Hintergrund und thematisiert die Erfahrung tiefgreifender religiöser Entfremdung. In ihren Romanen und literaturkritischen Arbeiten problematisiert die gesuchte Autorin – obwohl sie der zeitgenössischen Emanzipationsbewegung eher reserviert gegenübersteht – immer wieder das herrschende Geschlechterverhältnis und die Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen weiblicher Selbstverwirklichung jenseits gesellschaftlicher Normen.
Als bereits Fünfzigjährige macht die gesuchte Autorin die Bekanntschaft mit einer für die damalige Zeit ungewöhnlichen wissenschaftlichen Bewegung, die sich mit der menschlichen Psyche beschäftigt. Als eine der ersten Frauen lässt sie sich bei dem Begründer dieser Lehre ausbilden und entwickelt sich rasch von der Schülerin zu einer kompetenten Kollegin. Bis zu ihrem Tod betreibt die gesuchte Autorin erfolgreich eine eigene Praxis und beteiligt sich unter anderem mit ihren Schriften zur Sexualität am wissenschaftlichen Diskurs.
© Kerstin Schreck, Frauen-Kultur-Archiv
WER WAR SIE?
Literarisches Rätsel Nr. 5
Die gesuchte Schriftstellerin war eine Zeitgenossin des berühmten Königsberger Philosophen, dessen Werke das Denken einer ganzen Epoche geprägt haben. Wie viele ihrer Zeitgenossen war auch die gesuchte Autorin ein Kind ihrer Zeit und eine überzeugte Anhängerin des neuen, liberalen und demokratischen Denkens. Sie wirkte auf vielen Gebieten als Pionierin und ihr literarisches Schaffen hatte zukunftsweisende, ja „moderne“ Züge.
Sie wird in Kaufbeuren im bayerischen Allgäu als Tochter einer protestantischen Arztfamilie geboren. Ihre Kindheit verbringt sie hauptsächlich in der Universitätsstadt Augsburg und erhält eine zeit- und standesgemäße schöngeistige Mädchenerziehung. Als der Vater der wissensdurstigen jungen Frau nicht nur die weitere gelehrte Ausbildung verweigert – er verbietet ihr Latein zu lernen –, sondern auch eine Liebesheirat verhindert, wird dies zu einer initialen Erfahrung: Ihr Schreiben steht künftig im Spannungsfeld von Selbstverwirklichung und Fremdbestimmung und umkreist die Möglichkeiten und Grenzen weiblicher Existenz.
Als Zwanzigjährige verliebt sich die gesuchte Autorin leidenschaftlich in ihren drei Jahre jüngeren Vetter, der mit seinem literarischen Schaffen das Genre des deutschen Bildungsromans begründen wird. Auch diese Verlobung wird gelöst, dennoch bleiben die beiden durch eine lebenslange Freundschaft verbunden. Die gesuchte Schriftstellerin heiratet schließlich einen um zehn Jahre älteren Verwaltungsbeamten, der später geadelt wird. Mit ihm hat sie acht Kinder.
Sie ist zeitlebens enorm produktiv und ihre Bücher gehören zu den meistgelesenen ihrer Zeit. Bereits ihr anonym publiziertes Erstlingswerk ist eine literarische Sensation: Sie ist nicht nur die erste Romanautorin Deutschlands, sondern die außergewöhnliche Geschichte, die sie hier erzählt, macht sie bereits kurz nach deren Erscheinen im ganzen deutschsprachigen Raum schlagartig bekannt und gefragt. Von den Kollegen der schreibenden Zunft aufgrund ihres fortschrittlichen Denkens und ihrer Gefühlstiefe gefeiert, führt sie ein gastfreies Haus des kulturellen, gesellschaftspolitischen und geistigen Austausches, in dem sich einige der wichtigsten Geistesgrößen ihrer Zeit treffen. Außerdem gibt sie eine der ersten Frauenzeitschriften Deutschlands heraus, deren Beiträge nicht von Männern zensiert werden.
Nach dem Tod ihres Mannes wird ihr eine Rente verweigert und so ist sie gezwungen, ihren Lebensunterhalt durch ihr Schreiben zu sichern. Und auch darin hat sie eine Vorreiterrolle, denn sie gilt als die erste Berufsschriftstellerin Deutschlands, die ihren Lebensunterhalt durch ihr Schreiben finanzieren kann.
© Kerstin Schreck, Frauen-Kultur-Archiv
WER WAR SIE?
Literarisches Rätsel Nr. 6
Die gesuchte Autorin wird Anfang der 70er Jahre des 19. Jahrhunderts in Norddeutschland geboren und entstammt dem jüdisch-liberalen Bildungsbürgertum. Als Zehnjährige übersiedelt sie mit ihrer Familie in die Schweiz, wo sie die Höhere Töchterschule besucht. Nach dem Tod des Vaters, kehrt sie mit Mutter und Schwester nach Deutschland zurück und studiert Malerei in München, Paris und Düsseldorf. Hier lernt sie auch ihren späteren Ehemann, einen Maler und Kunsthistoriker kennen. In München schließt sie sich für einige Zeit dem Kreis um den Dichter Stefan George an, entscheidet sich das Malerei-Studium aufzugeben und geht nach Berlin, um dort Philosophie bei Georg Simmel zu studieren.
Die gesuchte Autorin macht sich mit zwei Lyrikbänden zunächst einen Namen als Dichterin, verlagert ihre Interessen jedoch sehr bald von der Dichtung hin zur Literaturtheorie und zur Philosophie. Mit der ersten ihrer vielbeachteten literaturwissenschaftlichen Schriften etabliert sie den Begriff des Lyrischen Ich in der Literaturtheorie. Sie schreibt u. a. Bücher über die Romantik und ihre Frauengestalten, verfasst vielbeachtete Essays über Kafka, Jean Paul oder Stifter und schreibt regelmäßig Rezensionen neuer Lyrik und kulturphilosophische Beiträge für die Frankfurter Zeitung
Im Zusammenhang mit ihrem Studium bei Simmel lernt die gesuchte Denkerin auch eine Gruppe deutsch-jüdischer Intellektueller kennen, die um eine Erneuerung der jüdischen Kultur und des jüdischen Selbstverständnisses bemüht sind. Martin Buber und Franz Rosenzweig, die ihr ein neues Verständnis der jüdischen Philosophie und Religion vermitteln, gehören bald ebenso zu ihrem engsten Freundeskreis wie Ernst Bloch oder Gustav Landauer. Neben literaturwissenschaftlichen Beiträgen publiziert sie fortan auch zahlreiche Schriften zum Judentum und zur christlich-jüdischen Verständigung. 1933 emigriert die gesuchte Denkerin für immer in die Schweiz und arbeitet bis zu ihrem Tod als Autorin und Publizistin. Nach dem Krieg entstehen hier auch ihre bekanntesten Werke, ihr umstrittenes religionsphilosophisches Hauptwerk, das als die erste Auseinandersetzung mit der Schoa gilt, ihre Abhandlung über Goethe und ihre Autobiografie.
© Kerstin Schreck, Frauen-Kultur-Archiv
Auflösung zu Rätsel Nr. 1
Bei der gesuchten Person handelt es sich um die englische Schriftstellerin Virginia Woolf geb. Stephen, die am 25. Januar 1882 in London geboren wurde und sich am 28. März 1941 bei Lewes (East Sussex) in der Ouse ertränkte.
Ihre Kindheit war zwar geistig anregend, aber psychisch belastend durch den frühen Tod der Mutter, den fordernd-fördernden Unterricht durch den Vater, der ihr den Besuch von Schule und Universität verbot, vor allem aber durch den jahrelangen sexuellen Missbrauch durch ihre Halbbrüder.
Bei dem Roman, in dem Virginia Woolf die Geschlechterdifferenz überwindet und der die Parodie einer Biographie darstellt, handelt es sich um „Orlando“ (1928). Orlando wird im Laufe seines jahrhundertelangen Lebens vom elisabethanischen Edelmann wundersam zur modernen jungen Frau, die ihr ich ständig wechselt. Weitere wichtige Werke der Autorin sind der Essay „A Room of One‘s Own“ (1929), der feministische Anliegen skizziert, sowie die Romane „Mrs Dalloway“ (1925) und „To the Lighthouse“ (1927).
Als Mitglied der „Bloomsbury Group“ gehörte Virginia Woolf einer intellektuellen Elite mit einer antipatriotischen, antinationalistischen, kosmopolitischen und antiautoritären politischen Haltung an. Der 1917 von ihr und ihrem Mann Leonard Woolf, der bis zu seinem Tod ihr literarisches Erbe verwaltete, gegründete Verlag war unter dem Namen „Hogarth Press“ bekannt.
© Kerstin Glasow, Frauen-Kultur-Archiv
Auflösung zu Rätsel Nr. 2
Toni Morrison wird am 18. Februar 1931 in Lorain, Ohio als Chloe Anthony Wofford geboren. Ihren Vornamen ändert sie während ihrer Studienzeit auf der Howard Universität in die Kurzform von Anthony, da die Kommilitonen Schwierigkeiten mit der Aussprache ihres Rufnamens haben. Ihre Eltern waren Einwanderer aus dem Süden, die in den Norden zogen, um ihre Kinder in einer nicht-rassistischen Umgebung aufwachsen zu lassen. Doch es zeigt sich bald, dass die Immigranten, mit denen sie zusammenleben, ihre Integration in die amerikanische Gesellschaft durch die gemeinsame Ächtung der Schwarzen erkaufen. So wird schon in frühester Kindheit Morrisons Gespür für diskriminierende Belange geschärft. Während ihrer Lehrtätigkeit auf einer der Universitäten lernt sie ihren Ehemann, Harold Morrison kennen, mit dem sie zwei Söhne bekommt, Harold Ford und Slade Kevin, die sie nach der Scheidung als alleinstehende, berufstätige und schriftstellerisch ambitionierte Mutter aufzieht. Zwischen 1964 und 1983 arbeitet sie im renommierten Verlag Random House in New York als Lektorin, eine Stellung, die sie nutzt, um sich für die Veröffentlichung afroamerikanischer Schriftsteller einzusetzen.
Ihr Debütroman „The Bluest Eye“ (1969) („Sehr blaue Augen“), an dem sie während und nach der schwierigen Scheidungsphase arbeitet, handelt von einem Mädchen, dessen Identifikation mit dem weißen Schönheitsideal – repräsentiert durch Spielzeugpuppen – in einer Katastrophe endet. Ihr drittes Werk, „Solomons Lied“, das 1977 nach „Sula“ (1973) publiziert wird, thematisiert die bewegte Zeit der schwarzen Bürgerrechtsbewegung und gilt als Morrisons endgültiger Durchbruch als Schriftstellerin. Nach „Tar Baby“ (1981) erscheint 1987 ihr bisher bedeutendstes Buch „Beloved“ („Menschenkind“), für das sie 1988 den Pulitzerpreis erhält. 1998 wird der Roman von Jonathan Demme, dem Regisseur von „Das Schweigen der Lämmer“ mit dem Hollywood-Schauspieler Danny Glover und der TV-Moderatorin Oprah Winfrey verfilmt, die sich frühzeitig die Rechte an einer Verfilmung gesichert hatte.
In „Menschenkind“ zeigt sich sehr eindrucksvoll, wie es der Autorin gelingt, Phantastisches, Geisterglaube, Mystik und realistische Erzählung zu einer magischen Einheit zu verschmelzen. 1992 erscheint ihr Roman „Jazz“, der die fiebrige Zeit des „Jazz Age“ der zwanziger Jahre auferstehen lässt, gefolgt von ihrem umstrittensten und bisher letzten Werk „Paradies“ (1998).
1993 wird Toni Morrison als erster afro-amerikanischer Frau der Literaturnobelpreis zuerkannt.Seit 1987 unterrichtet die Autorin, neben ihrer schriftstellerischen Tätigkeit, im Fach „Kreatives Schreiben“ an der Princeton Universität, New Jersey, wo sie einen Lehrstuhl inne hat.
© Annette Nathanielsz, Frauen-Kultur-Archiv
Auflösung zu Rätsel Nr. 3
Die heute vergessene „Dichterkönigin“ veröffentlichte ihre Werke unter dem Namen Carmen Silva Als Elisabeth Prinzessin zu Wied-Neuwied wurde sie am 29.12.1843 in Neuwied am Rhein geboren. Ihr Vater, Fürst Hermann, setzte die liberale und musische Tradition des Fürstenhauses fort. Dichter, Gelehrte und Künstler waren bei ihm zu Gast. Er selbst veröffentlichte unter Pseudonym zwei vom Mesmerismus und Okkultismus beeinflusste philosophische Werke.
Die Kindheit der lebhaften und phantasiebegabten Prinzessin Elisabeth war überschattet von ihrer strengen Erziehung und den schweren Krankheiten ihrer Eltern und ihres jüngeren Bruders. Um ständig unter ärztlicher Kontrolle zu sein, wohnte die Familie 1851 bis 1853 in Bonn. Die Mutter führte dort einen Salon, in dem unter anderem Ernst Moritz Arndt und Clara Schumann verkehrten. Elisabeth erlebte in Bonn den Abglanz der Biedermeierzeit, eine Erfahrung, die ihr Leben prägen sollte.
Bei der Erziehung der Prinzessin wurde besonderer Wert auf Sprachen gelegt. Elisabeth lernte Englisch, Französisch, Latein, Griechisch, Ungarisch, Russisch. Ungewöhnlich waren neben dem üblichen Unterricht in Literatur- und Kunstgeschichte die hohen Anforderungen, die die Eltern in den naturwissenschaftlichen Fächern stellten. Das Lesen von Romanen war ihr verboten. Elisabeth musste ihr Tagebuch heimlich führen. Die eigentlich fröhliche und lebhafte Prinzessin fühlte sich unverstanden und zog sich häufig in die Wälder um Monrepos, dem Sommersitz der Fürsten, zurück.
Nach ihrer Konfirmation folgte eine Zeit des Reisens. Sie verbrachte ein Jahr in Paris, mehrere Monate am preußischen Hof in Berlin und in Neapel, In St. Petersburg erfuhr sie vom Tod ihres Vaters. 1867 war sie in Paris und 1868 in Schweden. Nach Monrepos zurückgekehrt, plante sie eine Zukunft als Lehrerin. 1869 lernte sie bei einem Brahmskonzert Karl von Hohenzollern-Sigmaringen, den damaligen Fürsten Carol und späteren König Carol von Rumänien, kennen. Sie heirateten im gleichen Jahr. Das Paar war durch Freundschaft und Achtung, nicht durch Liebe miteinander verbunden.
Elisabeth nahm ihre Aufgabe als Landesmutter ernst. Der Verbesserung des Schul- und Erziehungswesens widmete sie ihre ganze Kraft. Zusammen mit Fürst Carol versuchte sie das damals orientalisch geprägte Land politisch und kulturell an Mittel- und Westeuropa anzuschließen. Für den selbstlosen Einsatz der Fürstin während des Russisch-Türkischen Krieges erhielt sie den Katharinenorden.
Der Tod ihrer Tochter, der Prinzessin Marie, bedeutete für Elisabeth einen großen Verlust, aber auch einen Umschwung in ihrem geistigen Leben. Sie begann an ihr Talent zu glauben und sah sich als Dichterin. Ihre ersten Veröffentlichen waren Übersetzungen von den Gedichten des Rumänen Vasile Alecsandri.
Ab 1981 wurde Königin Elisabeth unter dem Pseudonym Carmen Sylva, welches sie sich selbst gegeben hatte, durch ihr literarisches Schaffen bekannt. Die Erklärung für dieses Pseudonym lieferte die Königin in lyrischer Form:
Carmen das Lied und Sylva der Wald.
Von selbst gesungen das Waldlied schallt.
Und wenn ich nicht am Wald geboren wär‘,
dann säng ich die Lieder schon selbst nicht mehr.
Den Vögeln hab ich sie abgelauscht;
Der Wald hat sie mir zugerauscht,
Vom Herzen tat ich den Schlag dazu,
Mich singen der Wald und das Lied zur Ruh!
1981, zur Zeit ihrer ersten Veröffentlichungen begann die Zusammenarbeit mit Mite Kremnitz: Carmen Sylva hatte die deutsche Frau eines deutschen Arztes in Bukarest kennengelernt. Mite Kremnitz wurde offizielle Vorleserin der impulsiven Königin. Die gemeinsamen Werke der beiden ungleichen Frauen erschienen unter dem Pseudonym Dito und Idem. Mite Kremnitz stand neuen Literaturauffassungen wie dem Realismus und dem Naturalismus aufgeschlossen gegenüber, Carmen Sylva dagegen verachtete moderne Strömungen in der Literatur und Kunst. Diese Unstimmigkeit und ihre okkultistischen Neigungen führten zum Bruch zwischen den Frauen.
Ein Großteil der Werke Carmen Sylvas erschien zwischen 1881 bis 1892: Gedichtbände, Novellen, Märchen, Romane Essays und Aphorismen. Carmen Sylva machte die rumänische Literatur in Europa bekannt. Ihr Ruhm als „Dichterkönigin“ begründete sich vor allem durch ihre aufwendig gestalteten Gedichtbände. Ein Teil der dem Volkslied angelehnten Lyrik wurde von August Bungert vertont. So zum Beispiel der 1884 entstandene Liederzyklus Mein Rhein, den sie in Bukarest aus einem Gefühl des Heimwehs heraus verfasste.
Carmen Sylva war nicht zuletzt auf Grund ihrer Position sehr unkritisch gegenüber sich selbst und anderen. Die Qualität ihrer Werke ließ nach, ihre Neigung zum Okkultismus und ihre unkritische Haltung hatte zur Folge, dass sie sich in eine politische Affäre um ihre Hofdame Helene Vacarescu und den Thronfolger Franz Ferdinand verstrickte, Als Folge dieser Ereignisse wurde sie unter dem Vorwand eines „Nervenleidens“ ins Ausland geschickt. Orte der Verbannung (1890-1893) waren Venedig, der Lago Maggiore und das Heim der Mutter in Monrepos. 1893 reiste König Carol nach Monrepos. 1894 kehrten sie nach Bukarest zurück und feierten unter der Anteilnahme des ganzen Volkes ihre silberne Hochzeit.
Die Königin widmete sich vermehrt sozialen, wirtschaftlichen und karitativen Aufgaben. So schuf sie u.a. eine Heimarbeiterindustrie im textilen Bereich. Hierzu führte sie erfolgreich die Seidenraupenzucht in Rumänien ein. Carmen Sylva schuf Bildungseinrichtungen für Frauen und Mädchen und förderte in Bukarest das Frauenstudium. Obwohl sie der Frauenbewegung und den Suffragetten ablehnend gegenüberstand, sah sie für Frauen die Notwendigkeit finanzieller Unabhängigkeit durch eigenes Einkommen. Carmen Sylva war als Künstlerin überspannt und weltfremd, als Königin Elisabeth war sie tatkräftig, unkonventionell und erfolgreich. In einer Zeit der nationalen Pompes und kriegerischer politischer Auseinandersetzungen, setzte sie sich für Frieden zwischen den Völkern und die republikanische Staatsform ein.
Sie starb 1916, zwei Jahre nach dem Tod von König Carol.
© Karin Dreier, Frauen-Kultur-Archiv
Auflösung zu Rätsel Nr. 4
Bei der gesuchten Autorin handelt es sich um die Schriftstellerin, Erzählerin, Essayistin und Psychoanalytikerin Lou Andreas-Salomé (12. Februar 1861, St. Petersburg – 5. Februar 1937, Göttingen).
Lou Andreas-Salomé hat ein umfangreiches Werk hinterlassen, das sich mit religiösen, philosophischen und psychologischen Fragestellungen ebenso auseinandergesetzt hat, wie mit den Möglichkeiten und Grenzen eines emanzipierten Geschlechterverhältnisses. Anfang 1882 lernt Lou von Salomé in Berlin den Philosophen Paul Reé und später auch dessen Freund Friedrich Nietzsche kennen, die sich heftig in sie verlieben. Eine Liebesbeziehung geht die junge Russin zu keinem der beiden ein, denn sie wünscht sich vor allem eine geistige Arbeitsgemeinschaft, sucht den intensiven intellektuellen Austausch. Nach einem gemeinsamen, für Lous späteres Schreiben enorm fruchtbaren Sommer, den die drei in Italien verbringen, endet die Beziehung zwischen dem extrem eifersüchtigen Nietzsche und Lou. Mit Paul Reé lebt sie noch bis 1885 in Freundschaft zusammen. In dieser Zeit intellektueller Auseinandersetzungen entsteht ihr literarisches Erstlingswerk „Der Kampf um Gott“, das wie ihr späterer religionsphilosophischer Essay „Jesus der Jude“ (1896) ihre religiösen Zweifel und schließlich den modernen „Gottverlust“ thematisiert.
Nach ihrer Heirat mit dem Orientalisten Friedrich Carl Andreas im Jahr 1887 unterhält Lou Andreas-Salomé freundschaftliche Kontakte zum „Friedrichshagener Dichterkreis“ und zum „Freundeskreis der Freien Volksbühne“. Sie verfasst erste Artikel und Buchbesprechungen in der Zeitschrift „Freie Volksbühne“. In diesem Zusammenhang lernt sie die Dramen Ibsens kennen und veröffentlicht 1892 ihr viel beachtetes Buch „Henrik Ibsens Frauengestalten“.
Im Frühjahr 1897 lernt Lou, mittlerweile 36, während eines Aufenthaltes in München den 21-jährigen Dichter Rainer Maria Rilke kennen, der sie schon seit Längerem verehrt. Sie verlieben sich stürmisch ineinander und Rilke ist ständiger Gast im Haus des Ehepaares Andreas-Salomé in Berlin. Zwischen 1899 und 1900 unternehmen sie mehrere gemeinsame Reisen nach Russland. Rilkes manisch-depressive Stimmungen und seine zunehmende psychische Abhängigkeit von ihr machen das Verhältnis für Lou allerdings bald unerträglich und sie trennt sich 1901 abrupt von ihm. Dennoch bleiben beide bis zum Tod Rilkes eng befreundet. Die unkonventionellen Beziehungen zu Friedrich Nietzsche und Rainer Maria Rilke, finden ihren Niederschlag u. a. in den Erinnerungsbüchern „Friedrich Nietzsche in seinen Werken“ (1894) und „Rainer Maria Rilke“ (1928). Neben literaturkritischen Arbeiten verfasst sie auch zahlreiche Romane („Ruth“, 1895; „Ma“, 1901; „Das Haus“, 1919; „Rodinka“, 1923). Ihre 1898 veröffentlichten Erzählungen „Fenitschka“ und „Eine Ausschweifung“, setzen sich kritisch mit der Ehe und der Rolle der Frau in ihrer Epoche auseinander.
Lou Andreas-Salomé, deren Interesse schon früh an psychologischen Fragestellungen orientiert ist, beginnt sich immer stärker für die neue Lehre der Psychoanalyse zu interessieren. 1911 trifft Lou Andreas-Salomé anlässlich eines Kongresses der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung erstmals auf Siegmund Freud, dessen Schülerin sie wird. Zwischen 1912 und 1913 besucht sie seine Vorlesungen in Wien und wird von ihrem Mentor als Diskussionspartnerin und Kritikerin hoch geschätzt. „In der Schule bei Freud“, so der Titel ihres posthum publizierten Tagebuchs, verarbeitet sie diese für sie überaus bedeutsame Zeit. Lou Andreas-Salomé eröffnet in ihrem Göttinger Wohnhaus schließlich eine Praxis und arbeitet bis zu ihrem Tod als Psychoanalytikerin.
© Kerstin Schreck, Frauen-Kultur-Archiv
Auflösung zu Rätsel Nr. 5
Die gesuchte Schriftstellerin ist Sophie von La Roche (6. Dezember 1730, Kaufbeuren – 18. Februar 1807, Offenbach a. M.). Sophie wird als erstes Kind des Arztes und späteren Dekans des medizinischen Kollegiums in Augsburg Georg Friedrich Gutermann und seiner Frau Regina Barbara geboren. Sophie erhält eine für diese Zeit typische Mädchenerziehung mit dem Schwerpunkt in schöngeistigen Fächern wie Literatur und Sprachen, Zeichnen und Musik. Der pietistisch-strenge Vater setzt ihrem Streben nach intensiver wissenschaftlicher und künstlerischer Ausbildung – nach einer Bildung des Kopfes und des Herzens – klare Grenzen und drängt auf eine frühe und standesgemäße Heirat.
Nachdem er eine erste Verlobung mit dem italienischen Arzt Bianconi aus konfessionellen Gründen verhindert hatte, schickt er die Tochter nach Biberach, wo sie 1750 ihrem Cousin, dem späteren Aufklärungsschriftsteller Christoph Martin Wieland (1733-1813) begegnet. Beide verlieben sich stürmisch ineinander und gehen eine inoffizielle Verlobung ein. Auch wenn diese Verbindung 1753 aufgrund der räumlichen Trennung – Wieland studiert zu dieser Zeit in Tübingen – ebenfalls gelöst wird, ist die gemeinsame Zeit für beide enorm fruchtbar: Sophie inspiriert Wieland zu seinem ersten Gedicht und auch ihr literarischer Ehrgeiz wird geweckt. 1753 geht sie schließlich eine Ehe mit dem Hofrat Georg Michael von La Roche ein, aus der acht Kinder hervorgehen. Ihre Tochter Maximilliane, macht sie zur Großmutter von Bettine und Clemens Brentano.
Ihr Erstlingswerk, der empfindsam-moralische Briefroman „Die Geschichte des Fräuleins von Sternheim – von einer Freundin derselben aus Original-Papieren und anderen zuverlässigen Quellen gezogen“, erscheint anonym im Jahr 1771 mit einem Vorwort Wielands versehen, der es auch herausgibt. Der fiktive Briefwechsel zwischen Emilia und der Protagonistin Sophie, die nach vielen abenteuerlichen Verwicklungen und Anfechtungen – nicht nur auf ihre Tugend, sondern auch auf ihr Leben – am Schluss allen Widrigkeiten trotzt und den Mann ihres Herzens heiratet, macht die Autorin schlagartig berühmt und wird ein Bestseller auf dem Buchmarkt. Ihr betont gefühlvoll-sentimentaler Briefroman – drei Jahre vor dem „Werther“ publiziert – wird zum Vorbild für eine ganze Generation von Dichtern des Sturm und Drang, darunter auch Goethe und Lenz. Sophie ist nicht aber nicht nur Hausfrau, Mutter und Diplomatengattin, sondern auch die vielbewunderte Gastgeberin eines literarischen Salons, dem Goethe in „Dichtung und Wahrheit“ ein Denkmal gesetzt hat und in dem Wieland ebenso ein- und ausging, wie Heinrich Merck, die Brüder Jacobi, Johann Bernhard Basedow oder Wilhelm Heinse.
Sophie von La Roche war eine der ersten Berufsschriftstellerinnen der deutschen Literatur, die bis zu ihrem Tod 1807 zahlreiche erfolgreiche Werke veröffentlicht hat. Darunter Reisetagebücher wie ihr „Journal einer Reise durch Frankreich“, (1787), „Tagebuch einer Reise durch Holland und England“ (1788) oder „Erinnerungen aus meiner dritten Schweizerreise“ (1793). Mit ihrer monatlichen Zeitschrift: „Pomona für Teutschlands Töchter“ (1783-94), hat sie eine Frauenzeitschrift gegründet, die Frauen erstmalig – unzensiert durch männliche Redakteure und Verleger – eine Plattform geboten hat, mit ihren Belangen an die Öffentlichkeit zu treten. Sie schreibt in ihrer Vorrede: „Das Magazin für Frauenzimmer und das Jahrbuch für Denkwürdigkeiten für das schöne Geschlecht – zeigen meinen Leserinnen, was teutsche Männer uns nützlich und gefällig achten, Pomona wird ihnen sagen, was ich als Frau dafür halte.“
© Kerstin Schreck, Frauen-Kultur-Archiv
Auflösung zu Rätsel Nr. 6
Die gesuchte Autorin ist die deutsch-jüdische Dichterin, Essayistin und Religionsphilosophin Margarete Susman (14. Oktober 1872, Hamburg – 16. Januar 1966, Zürich).
Margarete Susman gehört zu dem Kreis einer intellektuellen Avantgarde, die das moderne ästhetische und philosophische Denken entscheidend beeinflusst haben. Geprägt durch Nietzsche und Freud, auf die ihr Schreiben immer wieder zurückkommt, hat sich die kritische Beobachterin des Zeitgeschehens mit zahllosen Essays und journalistischen Beiträgen am gesellschaftspolitischen und kulturellen Diskurs ihrer Zeit beteiligt. Ihr thematisch weitverzweigtes und vielschichtiges Œuvre umfasst 17 Bücher und ca. 250 Aufsätze. Sie stand im Briefwechsel mit Georg Simmel, Gershom Scholem und Paul Celan und zählte neben ihren nahen Freunden Martin Buber, Franz Rosenzweig, Ernst Bloch und Gustav Landauer zu den maßgeblichen Impulsgeber/innen der Jüdischen Renaissance des beginnenden 20. Jahrhunderts. Margarete Susmans Schreiben war wie ihr Denken enorm heterogen und bewegte sich auf der Grenze zwischen Dichtung und Theorie, Politik und Philosophie, jüdischer Tradition und säkularer Moderne.
Margarete Susman wird 1872 als zweite Tochter einer akkulturierten jüdischen Familie in Hamburg geboren. 1882 übersiedelt sie mit ihren Eltern nach Zürich. Nach dem Tod des Vaters im Jahr 1894 zieht die Familie nach Hannover. An der Kunstakademie Düsseldorf lernt sie den Maler und Kunsthistoriker Eduard von Bendemann kennen, den sie 1906 heiratet. Sie setzt ihr Studium 1899 in München fort, entscheidet sich dann aber bald nach Berlin zu gehen, um bei Georg Simmel zu studieren. 1901 erscheint Susmans erster Lyrikband „Mein Land“, dem 1907 ein weiterer mit dem Titel „Neue Gedichte“ folgt. Im selben Jahr gibt Susman gemeinsam mit Heinrich Simon, dem späteren Herausgeber der Frankfurter Zeitung, die Schriften ihres Freundes Erwin Kirchner unter dem Titel „Philosophie der Romantik“ heraus. Seit 1907 schreibt sie regelmäßig Artikel für die Frankfurter Zeitung und seit 1918 auch für die von Martin Buber herausgegebene Zeitschrift „Der Jude“ und andere jüdische Zeitschriften.
Sie ist auf dem Höhepunkt ihres literarischen Schaffens – ihre beiden Bücher „Das Wesen der modernen deutschen Lyrik“ (1910), mit dem sie den Begriff des „Lyrischen Ich“ prägt, und „Vom Sinn der Liebe“ (1912) sind enorm erfolgreich – als der Erste Weltkrieg ausbricht. Für sie wird der offen antisemitische Ton der Nachkriegszeit und die Ermordung ihres Freundes, des jüdischen Anarchisten und späteren Mitglieds der Münchener Räteregierung Gustav Landauer, im Jahr 1919 zu einem tiefen Einschnitt: Aus der unpolitischen Dichterin wird eine politisch engagierte Denkerin. Gleichzeitig bekennt sich Susman mit ihrem 1919 in Das Forum erschienenen Text „Die Revolution und die Juden“ (1919) klar zum Judentum.
Margarete Susman ist 61 Jahre alt, als sie 1933 in die Schweiz emigriert, um nie wieder nach Deutschland zurückzukehren. 1946 veröffentlicht sie hier ihr vielleicht wichtigstes, bestimmt aber ihr umstrittenstes Werk „Das Buch Hiob und das Schicksal des jüdischen Volkes“, die erste umfassende religionsphilosophische Deutung der Schoa. Zwei Jahre vor ihrem Tod im Jahr 1966 erscheinen ihre Lebenserinnerungen „Ich habe viele Leben gelebt“.
© Kerstin Schreck, Frauen-Kultur-Archiv