Frauen-Kultur-Archiv

Progressive Autorinnen des 19. Jahrhunderts

Emma Herwegh

10.  Mai 1817 (Berlin) – 24. März 1904 (Paris)

 

Emma Herwegh, geb. Siegmund, wächst in einer Zeit auf, die geprägt ist von Revolutionen und gesellschaftlichen und politischen Veränderungen in ganz Europa. 1848/49 beteiligt sie sich an den Revolutionen in Deutschland, wird zur femme politique, die steckbrieflich gesucht, überwacht und verfolgt wird. Dabei fängt ihr Leben sehr bürgerlich an. Am 10. Mai 1817 wird sie in Berlin geboren und wächst in einer Familie auf, die zu den besten Kreisen gehört. Dieser gesellschaftlichen Stellung entspricht ihre Erziehung: Sprachen, Musik, Malerei, Geschichte, klassische und zeitgenössische Literatur. Sie ist vielseitig interessiert, reist und setzt sich mit der politischen Situation Europas auseinander. Sie verteidigt republikanische Ideen, für die sie auch öffentlich eintritt, und unterstützt die Freiheitskämpfe in Polen. Dazu kommt, dass diese junge Frau, die sich in ihren Kreisen ‚furchtbar langweilt‘, nur aus Liebe heiraten will. Der passende Mann tritt am 5. November 1842 in ihr Leben, Georg Herwegh, in dieser Zeit bereits als politischer Dichter bekannt.

 

Nach der Heirat wohnt das Ehepaar in Paris. Emma Herwegh führt einen Salon, in dem sich politische Emigranten und französische Intellektuelle treffen. Mit Michail Bakunin ist sie eng befreundet. 1847 reist sie nach Berlin und setzt sich für die Gefangenen des Polenaufstandes ein. Als Anfang 1848 in Frankreich die Revolution ausbricht, geht Emma Herwegh mit Georg und dessen Freiheitskämpfern nach Deutschland, um sich Friedrich Hecker anzuschließen, der die Revolutionskämpfe in Baden anführt. Den Weg der „deutschen demokratischen Legion“ aus Paris und ihre Rolle als Kundschafterin beschreibt sie 1849 in „Geschichte der deutschen demokratischen Legion aus Paris. Von einer Hochverräterin.“

 

Die Revolutionskämpfe in Deutschland werden niedergeschlagen, das Ehepaar muss flüchten und kehrt nach Frankreich zurück. Die folgenden Jahre sind geprägt von privaten Krisen, ständiger Geldnot und Ortswechseln. In Nizza und Genua freundet sie sich mit Giuseppe Mazzini und Felice Orsini an, die zur italienischen Freiheitsbewegung gehörten.

 

Nach der Amnestie 1866 kehrt das berühmte Paar nach Deutschland zurück. 1875 stirbt Georg Herwegh. Emma, die ihren Mann gern stilisierte, kümmert sich um den Nachlass. Drei Jahre später zieht sie zurück nach Paris. Sie stirbt am 24. März 1904 und wird neben ihrem Mann in Liestal in der Schweiz begraben.

 

© Mechthilde Vahsen in: Wir Frauen. Das feministische Blatt, H. 1, 2007, S. 35.